Im Westernreiten gab es ursprünglich zwei Richtungen, nämlich den California Style und den Texas Style. Der California Style ist allerdings allgemein immer mehr in den Hintergrund gerückt, da er stark klassisch geprägt und damit wesentlich anspruchsvoller ist. Er wurde aus der Reitweise der Spanier, die diese mit nach Amerika brachten, abgeleitet.
Der Texas Style dagegen war recht simpel und zweckorientiert, um das Pferd, das ja "nur" ein Arbeitsgerät war und relativ unkompliziert ausgetauscht werden konnte, indem man sich ein neues fing und "einbrach", ohne großen Aufwand und ohne besondere Kenntnisse oder Feingefühl bedienen zu können.
Ich habe mir das Westernreiten anfänglich selbst erarbeitet, zusammen mit meinem ersten Pferd Akzent, das ich als völlig sauergerittenes Turnierpferd übernommen hatte. Einhändiges Reiten am Stangengebiß und der Umgang mit der Bosal-Hackamore war uns bereits vom normalen Ausreiten vertraut, Stops, Roll Backs und andere spezielle Lektionen übte ich auf Feldwegen, Wiesen und Stoppeläckern. Bald darauf nahm ich auch einem Kurs bei Johannes Orgeldinger, mehrfacher Deutscher und Europameister im Westernreiten, teil, der mir bestätigte, daß mein Pferd sehr gut und sehr willig sei, was mir zeigte, daß ich auf dem richtigen Weg war.
Da meine Leidenschaft jedoch eigentlich die richtige Dressur war, ich keinen Reitplatz zur Verfügung hatte und Akzent ja auch schon recht alt war, habe ich das Westernreiten nicht weiter vertieft.
Viele Jahre später habe ich dann mit Riojo ohne jegliche Erwartung und aus reiner Neugier sehr erfolgreich mein erstes Westernturnier bestritten, bei dem ich zu meiner großen Überraschung in den Disziplinen Trail und Reining den ersten Platz erreichte, in der Pleasure und der Horsemanship den zweiten. Bei der Platzierung, die öffentlich für das Publikum zum besseren Verständnis kommentiert wurde, wurde mir außerdem der Titel des All-Around-Champions verliehen und meine Ritte vom Richter gewürdigt mit dem Satz: "So stelle ich mir ein gut gerittenes Westernpferd vor!"
Beim zweiten Turnier, in dem ich gleich eine Klasse höher startete, war ich ebenfalls sehr erfolgreich auf den vorderen Plätzen in Trail, Pleasure und Horsemanship. Dies zeigt, daß eine klassische Ausbildung für ein Westernpferd zwar nicht zwingend erforderlich ist, aber von enormem Vorteil sein kann, was auch immer mehr reine Westernreiter erkennen.
Da Riojo jedoch unmissverständlich erkennen ließ, dass das Westernreiten nicht seine Welt war, beließ ich es dabei und wir widmeten uns wieder mit viel Freude den klassischen Disziplinen.
In den Jahren danach hatte ich 2 Quarter Horses und ein Paint Horse in Voll- und Teilberitt, die ich jedoch nicht westernmäßig ritt, sondern auch rein klassisch gymnastizierte. Dabei zeigte sich ganz deutlich, dass auch diese Rassen trotz ihres Gebäudes und ihrer flachen Gänge in einer durchaus ansehnlichen relativen Aufrichtung und schwungvoll laufen können, was einmal einen zuschauenden Westernreiter zu der Bemerkung veranlasste, dass die Stute ja sehr schöne Gänge hätte.
Nochmals viele Jahre später hatte ich die Gelegenheit, sehr spontan mit einem geliehenen, ehemals sehr gut ausgebildeten und auch turniermäßig erfolgreichen, aber schon seit langer Zeit nur auf "Freizeitniveau" gerittenen Quarter Horse auf einem Westernturnier in einer Trailprüfung in einem Naturtrail zu starten. Aufgrund eines Navigationsfehlers meinerseits an einem Hindernis wurden wir dabei leider "nur" 5., aber es war trotzdem mal wieder eine interessante Erfahrung.